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Kirchweih 2008 – Unvermeidlich und doch bedauerlich: Immer mehr Kirchen sind tagsüber geschlossen, vor allem solche, die wertvolle Kunstschätze bergen. Gewiss, man muss sie hüten. Aber jene, die diese Kirchen betreten wollen, um über die sichtbare Kunst in Kontakt mit dem unsichtbaren Gott zu treten, stehen oftmals enttäuscht vor verschlossenen Türen. Manch einer ist nun versucht, in einem solchen Erlebnis ein Bild für die Kirche als Ganze zu sehen: Sie hüte die Schätze des Glaubens und gebe Acht, dass nichts verloren geht - aber es gelinge ihr nicht mehr, dabei die Türen offen zu halten, so dass der heutige Mensch mit diesen Schätzen und aus ihnen leben könne. Man habe Angst vor Diebstahlsgefahr, sprich: vor dem Verlust der Identität und sei nur noch auf die Sicherung des Bestehenden bedacht. Stimmt dieses Bild? Sind unsere Gotteshäuser vorn "Haus der offenen Tür" zum Versammlungsort einer "geschlossenen Gesellschaft" geworden?

Die beiden Anlässe, die dem Kirchweihsonntag in Brückenau in diesem Jahr ein besonderes Gepräge geben- die Weihe der Pfarrkirche vor 225 Jahren und die Errichtung des Pfarrheims vor 50 Jahren - können Anlass sein, dieser Frage einmal nachzugehen. Um Zugänge zu finden, muss man sich gar nicht krampfhaft anstrengen - fündig werden wir schon im alltäglichen Sprachgebrauch: "Kirche" meint da einmal unsere Gotteshäuser. "Ich gehe zur Kirche" sagen wir aber auch oft, wenn wir am Gottesdienst teilnehmen. "Ich gehöre zur Kirche"- das ist schließlich das Bekenntnis zum ganzen Gottesvolk. Also: Gotteshaus-Gottesdienst-Gottesvolk- überall zeigt sich etwas von dem, was Kirche ausmacht. Machen wir uns anhand der konkreten Geschichte auf die Spurensuche

1. Gotteshaus: Die vor 225 Jahren geweihte Stadtpfarrkirche von Brückenau hat viele Vorgängerbauten, deren Spuren bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen. Sie spiegeln auch das auf und Ab einer bewegten Geschichte wieder- es gab sogar Phasen der Zerstörung durch Krieg oder durch Brand wie im 19, Jahrhundert. Dann haben auch Renovierungen ihre Spuren hinterlassen. Aber bei allen Veränderungen der Bausubstanz und des Baustils blieb die grundlegende Botschaft dieser Kirchbauten dieselbe: Sie wollten verdeutlichen, dass Gott unter uns Menschen wohnt, dass er unsere Wege mitgeht und dass bei ihm Platz für viele ist. Kirchen sind gewissermaßen Stein gewordene Ausrufezeichen des Glaubens an einen Gott, dem wir Menschen nicht gleichgültig sind und der uns daran erinnert, dass der Sinn des Lebens sich nicht nur in Arbeit und Freizeitgestaltung und in zwischenmenschlichen Beziehungen erschöpft, sondern dass das alles nochmals umfangen und getragen ist von einer Gemeinschaft mit Gott, die ein Leben lang anhält und die auch der Tod nicht zerstören kann. Kirchbauten erinnern, dass unser zeitliches Leben Ewigkeitswert hat.

2. Gottesdienst: In den Gottesdiensten, die hier begangen werden und speziell in der Feier der Eucharistie wird deutlich, wie diese Gemeinschaft mit Gott aussieht. Sie verwirklicht sich in Jesus Christus, in dem Gott selbst unsere Leben teilt und dies mit allen Konsequenzen tut, weil er auch Leid und Tod dabei nicht ausspart. Da zeigt sich, wie weit Gott für uns geht. Gottesdienst ist daher nicht in erster Linie unsere Aktion, ein sonntägliches Zeitopfer, das wir mehr oder weniger gern bringen, sondern ist zuallererst Dienst Gottes an uns. Und wenn in der Feier der Eucharistie Brot und Wein zur wirklichen Gegenwart Jesu werden, will Gott zugleich damit auch unser Leben, das oft unansehnlich und bruchstückhaft ist, schon ein Stück weit in seine Liebe hineinverwandeln. Dieses Wissen wiederum kann und Kraft und Zuversicht für den mitunter mühsamen und beschwerlichen Alltag geben. Ein konkreter Gottesdienst, in dem die verschiedensten Menschen zusammenkommen- unterschiedliche Lebensalter, Lebenswege und Lebenseinstellungen - macht deutlich, dass der Dienst Gottes an uns auch Gemeinschaft herstellt, indem er die mentalen und sozialen Barrieren überwindet und uns alle anspricht. Kann das in unserem Umgang miteinander deutlich werden? Wenn unsere Seelsorgsform der Zukunft den Namen "Pfarreiengemeinschaft" trägt- ist das nur eine organisatorische Bezeichnung oder steckt mehr dahinter, nämlich die Erfahrung, dass Gott Menschen über gewohnte Grenzen im Glauben zusammen führt?

3. Gottesvolk: Gott führt Menschen zusammen- darin steckt auch schon der Zugang zum dritten Wort für Kirche, nämlich "Gottesvolk". Es macht deutlich, dass wir nicht alleine, sondern miteinander unterwegs sind- an bestimmten Orten und als weltweite Gemeinschaft. "Volk Gottes unterwegs" - dieser Weg kennt starke Phasen und Ermüdungserscheinungen, auf diesem Weg braucht es auch immer wieder im wörtlichen und im übertragenen Sinn Rastplätze, wo Stärkung und Standortbestimmung möglich sind. Solche Rastplätze können Kirchen sein, aber auch Bauten wie ihr Pfarrheim, das der Begegnung und dem Austausch dient. Diese Bestimmung bleibt gleich, auch wenn man sich unter veränderten Verhältnissen über neue Nutzungskonzepte Gedanken machen muss. Was mich beim Durchlesen der Unterlagen beeindruckt hat, war der Umstand, dass sich sowohl bei den Kirchenrenovierungen wie beim Bau des Pfarrheims viele Menschen mit Hilfeleistungen beteiligt haben- sie ließen sich den Glauben im wahrsten Sinn des Wortes etwas kosten, weil er ihnen kostbar war. Das kann uns die Frage stellen: Wie kostbar ist mir mein Glaube- und weiter: Ist er für mich nur eine private Sinnperspektive oder öffne ich mich immer neu auf die Gemeinschaft des Gottesvolkes hin- durch tätige Teilnahme, Verständnis und Hilfsbereitschaft?

Gotteshaus-Gottesdienst-Gottesvolk- Kirche und Pfarrheim sind Häuser der offenen Tür!

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