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Kolpingfamilie Bad Brückenau – Zum elitären Kreis der bereits zu Lebzeiten des Gründers der Kolpingbewegung gegründeten Ortsvereine zählt die Kolpingfamilie Bad Brückenau. Und entsprechend stolz beging man am vergangenen Samstag, dem Josefstag als dem Patron der Handwerksgesellen und der internationalen Kolpingbewegung, den ersten Teil seiner Jubiläumsfeiern.

Den Gottesdienst in der Stadtpfarrkirche zelebrierte zum Auftakt des Abends Diözesanpräses Stephan Hartmann. In seiner eindringlichen Predigt geht er auf das Wesen und Wirken von Josef, dem Verlobten Marias ein. Die Bibel zeigt wie er einen Weg findet, mit der Tatsache umzugehen, dass seine Freundin ein Kind erwartet, Jesus, das nicht von ihm stammt.
Auch Adolph Kolping hat sich gefragt, wie er einen Weg finden kann, das junge Menschen, die wandernden Gesellen als unterstes Glied in einer bewegten Gesellschaft, einen Weg in ein gelingendes Leben mit Zukunft finden können. Auch bei ihm die Erkenntnis, dass Gott wie beim heiligen Josef etwas Besonderes mit ihm vorhat. Der Prediger appellierte an die Zuhörer, dass auch sie erkennen mögen im Geiste Kolpings und des heiligen Josef, dass Gott etwas mit ihnen vorhat. Von Kolping können wir auch heute noch lernen, wie wir im Leben mit unserer Lebens- und Glaubenshaltung bestehen können.

Beim anschließenden Festabend im von den Kolpingmitgliedern festlich geschmückten Pfarrheimsaal, der musikalisch von Margarethe Wollmann am Klavier und Julia Spahn mit der Querflöte umrahmt wurde, wurde sodann im familiären Rahmen Geburtstag gefeiert. Vorsitzender Herbert Stamm führte in den Abend ein und ging auf die Gründungszeit ein, den Arbeitmangel der 1860’er-Zeiten, die damit verbundene Auswanderung ins Ausland und den arbeitsreicheren Bereich Rhein-Main, die Nöte der wandernden Gesellen und die Notwendigkeiten ihnen vor Ort zumindest für kurze Zeit etwas Heimat und Familie zu bieten. Aus diesen Beweggründen wurde die örtliche Kolpingfamilie als einer der ersten in der Region gegründet.
Auch das Pfarrheim, in dem nun gemeinsam gefeiert wird, war in seinen Ursprüngen das Kolpingheim, denn es wurde maßgeblich von Kolpingmitgliedern finanziert und erbaut. Dies war möglich nach Kolpings Leitspruch „Wir können viel, wenn wir nur nachhaltig wollen“.
Emil Müller, der stellvertretende Landrat lobte das Kolpingwerk als katholischen Sozialverband der mit seinen einzelnen Kolpingsfamilien in Deutschland zahlreiche soziale Lücken schließt, die der Staat nur schwer füllen kann. „Kolping gibt Antworten auf sinnstiftende Fragen des Lebens“, so die Erkenntnis von ihm, der bisher mit der Kolpingbewegung wenig zu tun hatte.
Hauptteil des Abends war dann der Festvortrag von Victor Feiler, Referatsleiter Gesellschaftspolitik im Kolpingzentralverband Köln und Mitverfasser des neuen Kolpingleitbildes, 2000 verabschiedet.
Nach Adolph Kolping Sinnspruch: „Die Nöte der Zeit werden euch zeigen, was zu tun ist“ referierte er über die Zukunft des Kolpingwerks in der heutigen Zeit (siehe gesonderter Bericht). Das Referat, das fast einer Standpauke glich und versuchte, die Kolpingsfamilie aus ihrer durch allmähliche Überalterung bedingte Lethargie aufzuwecken ließ anschließend den Ortsvorsitzenden Stamm angesichts de Feierstimmung dazu aufrufen nicht nur nostalgisch nach hinten zu blicken, sondern aktiv Zielsetzungen für die heutige Zeit zu suchen, die Wege dazu hat der Referent aufgezeigt.
Auch Bezirks und Ortspräses Stadtpfarrer Alfred Bauer ging in seinem Grußwort auf die „prophetische“ Rede des Referenten ein. Getreu des aktuellen Leitbilds forderte er mehr Orange (die Farbe der Kolpingbewegung), denn die Farbe bedeutet mehr Menschlichkeit, mehr Freude, mehr Leben. Demonstrativ öffnete er seine Jacke und präsentierte unter Applaus einen orangen Pullover. Er zeigte sich dankbar für das Wirken der Kolpingfamilie in der Pfarrei. Sein Amtsvorgänger hatte einst die Kolpingfamilie als „Feuerwehr der Pfarrei“ bezeichnet.
Getreu dem Gedankengut des Sozialreformers Kolping wurde die Kolpingfamilie an diesem Abend nicht nur beschenkt, nein sie schenkte selbst. Pfarrer Bauer erhielt eine Geldspende, damit er bedürftigen Kindern die Teilnahme am Sommerzeltlager der Graffitojugend ermöglichen kann.
Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks wurde zum Schluß noch als Neumitglied begrüßt. Sofort begrüßte sie mit „meine Kolpingfamilie“ und warf ihr vorgesehenes Grußwort über Bord, um frei mit ihren Brüdern und Schwestern zu reden. Spontan fragte sie auch Pfarrer Bauer: „Darf oder muß ich jetzt auch Du zu ihnen sagen?“, denn es ist üblich, sich in der Familie zu dutzen.
Gemeinsam mit der Kolpingfamilie verspricht sie sich weitere Impulse in ihrem Bemühen, für die Stadt und seine sozialen Schichten einen nachhaltigen Aufschwung zu erreichen. Sie will Brückenau weiter zu einer „lebens- und liebenswerten Stadt“ ausbauen und hofft dabei auf die Hilfe ihrer Kolpingsfamilie.
Dekanatsvorsitzender Franz Walter und Wener Freißler für die Pfarrgemeinde hoben ebenfalls in ihren Grußworten die Bedeutung der örtlichen Kolpingsfamilie für die kirchliche Gemeinschaft hervor. Freißler erinnerte nicht nur an den gemeinsamen Pfarrheimbau und die viele Jahre darin abgehaltenen Bälle, sondern vor allem an die stetige finanzielle und persönliche Unterstützung beim Erhalt des Gebäudes. Wie gut im Schuss sich das Pfarrheim auch heute noch darstellt, zeigt der unter der Leitung von Werner Hofbauer festlich geschmückte Saal. Die drei historischen Fahnen wurden mit zeitgemäßen Kolpingbannern wunderbar als Bühnenhintergrund zur Geltung gebracht und verknüpften so Tradition und Moderne.
Man darf gespannt sein auf den 29. Mai 2011, wenn der zweite Teil der Feierlichkeiten ansteht. Nach einem Bannerzug, zu dem bereits hier alle örtlichen Vereine zur Teilnahme aufgerufen sind, wird Landespräses den Festgottesdienst zelebrieren. Beim anschließenden Festakt wird Landtagspräsidentin Barbara Stamm die Festrede halten. Auch eine umfangreiche Ausstellung über 150 Jahre Kolpingsfamilie Bad Brückenau ist für diesen Tag geplant.

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